Das Lamento der aktuellen Euro-Krise ist für mich eigentlich nicht mehr erträglich. Auf der einen Seite wird gejammert, dass Europa, und die Euro-Staaten, keine sie zusammenschweißende Krise erlebt haben, auf der sie nun aufbauen können. Auf der anderen Seite erleben wir gerade eine Krise und der Euro-Austritt wird als einfachste Antwort gehandelt. Es kommt da bisher keiner auf die Idee, mir ist wirklich niemand bekannt, der diese Krise als den künftigen Einigungsmoment begreift. Dabei ist es keine steile These, die einer großen Herleitung bedurfte.
Der Grund ist vermutlich, dass die Nationalstaaten Europas in ihren jetzigen Grenzen aus Krieg entstanden sind. Immerwährenden Krieg, der nun keine Schaffung ohne kriegerisches Denken zulässt. Deswegen droht auch gleich wieder der Krieg, wenn einer der Euro verlässt. Es droht interessanterweise kein Krieg, wenn Großbritannien die EU verlässt.
P.S.: Meine gestrige Notiz zu den Temporaleffekten hat eine für mich erstaunliche Rezeption erfahren. Ich sah das als kleinen, aber sehr wichtigen, Teil des Diskurses über die Entwicklung der Nationalstaaten an, die sich in das Supranationale hineinbewegen. Daran arbeite ich gerade. Das andere sind Nebeneffekte bzw. das Internet sehe ich lediglich als einen Beschleuniger, aber nicht als etwas wirklich Neues. Gesellschaft setzt sich fort. Durch die Beschleunigung verändert sich lediglich der Gegenseitige Umgang miteinander. Momentan befinden wir uns in diesem Rausch der Geschwindigkeit und müssen nun lernen eine “Wertmessung” in die Sache reinzubringen. Geschwindigkeit allein hilft niemanden.
Das ist auch der Grund warum ich auf die Thesen von mspro und plom so allergisch reagiere. Da geht es immer nur um Hingabe und Unterwerfung vor dem Technischen und in letzter Konsequenz um die Kapitalisierung der Persönlichkeit und des Privaten. Es geht nicht darum wie man Dinge gestaltet und was das mit uns macht. Dieses “was macht das mit uns”, siehe bspw. die aktuelle Twitterdebatte, erfordert nämlich Handeln. Politisch (ungenau formuliert: öffentlich) wie auch persönlich (für einen selbst im persönlichen Raum).
Was in dieser ganzen Debatte ausgeblendet wird ist die stete Grenzüberschreitung, also das Eindringen in das Private. Auf Twitter ist es das reinkommentieren in Diskussionen zwischen zwei Personen. Auf Facebook ist es das öffentliche kommentieren privater Handlungen. Sind nur Beispiele. Damit geht unserer Gesellschaft etwas verloren und die Lösung ist nicht: mehr davon. Im Gegenteil, um das Menschliche erhalten zu können, bedarf es des Schutzraumes.
Aber dafür habe ich eigentlich gerade keinen Kopf. Mich macht das nur immer so wütend.
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